Das Stillen an der Brust ist für Mutter und Kind ein wichtiger Prozess mit biologischen und psychosozialen Aspekten. Viele Mütter mit unruhigen oder krankheitsanfälligen Babys sehen den Zusammenhang zu Stillproblemen erst, wenn sie mit einem erfahrenen Arzt oder einer Hebamme sprechen und auf Anzeichen für Probleme aufmerksam gemacht werden. Wenn das Baby beim Stillen schnalzt und nicht richtig satt wird, die Brustwarzen sich immer wieder entzünden oder Unruhe beim Stillen aufkommt, ist der Wechsel zur Flasche eine verlockend einfache Lösung. Wird ein verkürztes Zungenband als Ursache festgestellt, ist die chirurgische Durchtrennung in der klassischen Medizin üblich. Da das Stillen mit der Brust einen wichtigen Teil der frühkindlichen Mutter-Kind-Bindung und der Entwicklung des Kindes ist, zielen osteopathische Therapiemethoden darauf ab, natürliche Prozesse zu harmonisieren und das natürliche Stillen zu ermöglichen. In der Osteopathie diagnostizieren und behandeln Ärzte direkt mit den Händen und können Blockaden in der Mund-Kiefer-Partie von Kindern lösen. Mit ganzheitlichen osteopathischen Methoden werden körperliche, nervliche und psychosoziale Ursachen für Probleme beim Stillen erkannt und die Mobilität des Mund-Kiefer-Bereiches wird schonend angeregt.
Wie erkenne ich, dass mein Baby nicht richtig trinkt?
Ein verkürztes Zungenband, der Durchbruch der ersten Zähne oder physiologische Probleme in der Brust oder in den Brustwarzen können zu verschiedenen Problemen beim Stillen führen oder das Stillen ganz unmöglich machen. Manchmal steht auch eine unpassende Stillhaltung oder Stress im Wege. Über Tricks und Techniken beim Stillen sollten Frauen in den ersten Wochen nach der Geburt mit einer Hebamme sprechen und das Stillen gegebenenfalls unter Aufsicht einüben. Bei erschwerenden Symptomen, die typisch für physiologische Probleme beim Kind sind, ist möglicherweise eine Behandlung erforderlich:
- Ihr Baby schnalzt beim Stillen häufig mit der Zunge
- Sehr häufiges oder sehr seltenes Stillen ist notwendig
- Zu wenig Milch oder Milchstaus
- Geringe Gewichtszunahme beim Baby
- Zufüttern mit der Flasche ist nötig
- Milch läuft beim Trinken häufig aus den Mundwinkeln
- Herzförmig eingezogene Zungenspitze, Furche in der Zunge oder merkliche Unbeweglichkeit der Zunge
- Verformte, wunde oder blutige Brustwarzen nach dem Stillen
- Entzündungen der Brustwarzen
- Kein konstantes Saugen, Baby macht viele Trinkpausen
- Schluckauf, Blähungen und häufiges Aufstoßen beim Kind
- Probleme beim Anlegen des Kindes
- Das Baby streckt die Zunge nicht weiter heraus als bis zu den Lippen
Treten Probleme mit dem Zungenband bei Kindern häufiger auf?
Die sogenannte Ankyloglossie tritt bei schätzungsweise 1 bis 5 % aller Säuglinge auf. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Schwangeren, die regelmäßig Kokain und andere Drogen konsumieren, da Verwachsungen des Zungenbändchens bereits im Mutterleib auftreten. Dabei handelt es sich nicht um ein Bändchen im eigentlichen Sinne: Das Zungenband ist vielmehr eine dünne Membran, die nach der Entwicklung im Mutterleib als Übergang der Symmetrieachse im Mund zurückbleibt. Ist das Zungenband verwachsen, kann die Zunge möglicherweise nicht richtig angehoben oder ausgestreckt werden. Einschränkungen in der Beweglichkeit führen dazu, dass Kinder nicht richtig trinken können und beim Stillen nicht satt werden. Gewichtsschwankungen, Blähungen und Mastitis bei der Mutter können Folgen einer solchen Verwachsung des Zungenbands beim Säugling sein. Ärzte diagnostizieren Probleme mit dem Zungenband bei Stillproblemen recht schnell und behandeln das vermeintliche Problem chirurgisch, was weitere Komplikationen nach sich zieht und für Kinder eine frühe traumatische Erfahrung darstellt. Mit osteopathischen Praktiken können erfahrene Naturheilkunde-Experten mögliche andere Ursachen für Trinkprobleme bei Säuglingen diagnostizieren und Spannungen ohne invasive Eingriffe lösen.
Kann der Geburtsprozess das Stillen beeinträchtigen?
Die Geburt verläuft nicht bei allen Kindern wie von der Natur vorgesehen. Statt direkt nach der Geburt an die Brust der Mutter zu kommen, müssen die meisten Kinder zunächst medizinisch untersucht werden. Im Falle von Kaiserschnitt- oder Saugglocken-Geburten kann die Zeit zwischen Geburt und erster Säugung an der Brust einige Stunden dauern. Werden Kinder unter Zuhilfenahme von Medikamenten oder mechanischen Geburtshilfen auf die Welt gebracht, entstehen häufig Mikrospannungen im Kopf- und Nackenbereich. Diese können die Mobilität des Kiefers und der Zunge nahezu unmerklich einschränken und zu Blockaden beim Trinken führen. Es kommt zu häufigem Schreien, Trinkproblemen und Gewichtsverlust – um diesen wichtigen ersten Schritt der Mutter-Kind-Bindung zu harmonisieren, suchen Osteopathen durch sanftes Abtasten des Kopf-Nacken-Bereiches nach zurückgebliebenen Mikrospannungen und stellen die natürliche Mobilität von Gelenken, Knochen, Muskeln und Faszien wieder her.
Mit welchen Techniken kann die Osteopathie Stillprobleme lösen?
Erfahrene Kinderosteopathen können Spannungen und Blockaden am Kopf, am Kiefer und im Nacken durch sanftes Ertasten lokalisieren. Für den Mund- und Zungenbereich spielen die Hirnnerven IX und XII eine wichtige Rolle, die durch Palpation am Kopf ertastet werden können. Wird die Halswirbelsäule überstreckt, können diese Nerven stark komprimiert werden. Normales Trinken ist bei solchen nervlichen Blockaden kaum möglich, was zu Unruhe beim Trinken und weiteren Spannungen führen kann. Dieser Abwärtsspirale kann mit gezielten osteopathischen Drucktechniken Einhalt geboten werden. Der natürliche Stillmechanismus wird durch sanfte Lösung der Spannungen im Kopf- und Nackenbereich angeregt, sodass regenerierende Prozesse in Gang kommen können.
Wann sollen Mütter mit Stillproblemen einen Arzt aufsuchen?
Bei Stillproblemen können Mütter sich an verschiedene Einrichtungen und Hilfsstellen wenden. Bleibt eine schwere Ankyloglossie unbehandelt oder wird Problemen beim Stillen nicht entgegengewirkt, kann das zu Langzeitfolgen beim Kind führen und die frühe Mutter-Kind-Beziehung stören. Eine erste Anlaufstelle sind Hebammen und ausgebildete Stillberaterinnen mit IBCLC-Zertifikat, was für International Board Certified Lactation Consultant steht. Ist das Stillen dauerhaft schmerzhaft oder bleiben Kinder in der Entwicklung zurück, sollten Mütter mit ihren Kindern einen Facharzt für Pädiatrie aufsuchen. Vor einem chirurgischen Eingriff am Zungenband macht es Sinn, eine zweite Beurteilung von Medizinern oder Naturheilkundlern einzuholen. Osteopathische Behandlungen von scheinbaren Randerscheinungen machen einen invasiven Eingriff bestenfalls überflüssig, sodass Kinder sich uneingeschränkt entwickeln können.
Fazit: Können Langzeitfolgen von Ankyloglossie mit osteopathischen Therapien vermieden werden?
Probleme beim Trinken und Ankyloglossie führen unbehandelt zu Folgekomplikationen wie Kieferfehlstellungen, Sprachstörungen oder Entwicklungsstörungen beim Säugling. Durch die Zugabe von Fläschchen lassen sich Störungen bei der Nahrungsaufnahme von Säuglingen nicht immer ausgleichen. Das Säugen mit der Brust regt außerdem verschiedene psychosoziale und neurobiologische Dynamiken zwischen Mutter und Kind an und stärkt so das Immunsystem und den Hormonhaushalt von beiden. In der Osteopathie versucht man deshalb, natürliche Trinkprozesse durch die Anregung von Hirnnerven, Faszien und Muskeln zu harmonisieren und Problemen in der ersten wichtigen Bindungsphase von Mutter und Kind vorzubeugen.